„Du hast was mit ihr oder?“

„Du hast was mit ihr oder?“, frage ich. Ich hab all meinen Mut zusammengenommen. Mich gerüstet für ein „Ja“, das mich treffen könnte. Ganz sicher wird. Die gefühlssichere Weste angezogen. Von ihm kommt die Antwort, die ich erwartet habe. Von jetzt an Pokerface. Die Genugtuung von erkennbaren Schmerz werde ich ihm nicht geben.

Wie oft hast du eine Frage nicht gestellt, weil dich die mögliche Antwort verletzen könnte? Schmerz ist eine Begleiterscheinung der Wahrheit. Ich rede nicht zwingend von Betrug. Eher von enttäuschten Erwartungen, falschen Interpretationen, unausgesprochenen Ängsten.

Jetzt will ich es wissen. Ich stochere in meine eigene Wunde: „Ich hätte es fair gefunden, wenn du es mir früher erzählt hättest.“ Genüsslich beobachte ich sein Wanken. Meine Fragen ist er nicht gewohnt, er weiß keine Antwort. Ich frage all das, was ich mich sonst nie getraut habe. Weil ich dachte, mir stünden die Fragen nicht zu.

Ob du die Wahrheit wissen willst, liegt nur an dir. Wer sich selbst zu schätzen weiß, weiß, dass man sich selbst die Wahrheit wert ist. Natürlich tun die Worte, die man hinaufbefördert weh. Wenn Vermutungen sich bewahrheiten, zerreißt kurz alles in dir. Doch dann setzt sich die Gewissheit.

Als ich meine Wohnung aufschließe, lächle ich. Ich fühle mich stark, selbstbewusst. Wie nach einem Selbstfindungstrip. Nur, dass ich dafür kein One-Way-Ticket nach Laos brauchte. Bloß ein bisschen Mut.